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CHRISTIAN BRÜNE¹, THOMAS STUMPF²
Beweidung von Heide- und Sandmagerrasenflächen durch Schafe und Ziegen
  
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Floristische und faunistische Aspekte der Landschaftspflege

Die Wahner Heide liegt in Nordrhein-Westfalen, östlich von Köln, und ist eine uralte Kulturlandschaft. Eine kontinuierliche Nutzung der Wahner Heide als menschlicher Siedlungsraum ist seit 6.000 Jahren durch entsprechende Funde belegt. In geschichtlicher Zeit (für die wir schriftliche Quellen besitzen) wurde die Wahner Heide hauptsächlich als Viehweide genutzt, außerdem zur Holz-, Torf- und Tongewinnung. Bevor die landwirtschaftliche Intensivierung mit modernen Maschinen und Kunstdünger einsetzte, begann bereits die militärische Nutzung des Gebietes. Ihren Anfang nahm diese im Jahre 1817. Somit ist die Wahner Heide der älteste militärische Übungsplatz Westdeutschlands. Damit blieb dem Gebiet eine landwirtschaftliche Nutzungsintensivierung und auch eine Umwandlung in Bauland bzw. großflächige Aufforstung erspart. Die militärische Nutzung selbst brachte - außer einer substanziellen Entwässerung - nur wenige nachhaltige Eingriffe in den Naturhaushalt mit sich. Dadurch ist es begründet, dass die Wahner Heide heute zu den bedeutendsten Naturschutzgebieten Deutschlands gehört, denn viele Tier- und Pflanzenarten haben hier unbeschadet seit Tausenden von Jahren überdauern können. Der behandelte Landschaftsraum hat heute eine Ausdehnung von etwa 5.000 ha, wovon ca. 1.000 ha der Flughafen Köln/Bonn einnimmt. Etwa 2.700 ha sind als Naturschutzgebiet ausgewiesen, der Status als Truppenübungsplatz wurde im Jahre 2004 aufgehoben.

Im ausgehenden Mittelalter und in der frühen Neuzeit beweideten stattliche Viehherden die Wahner Heide. Vor allem waren es die Ziegen und Rinder der umliegenden Dörfer, außerdem Schafherden größerer Gutshöfe. Mit der Intensivierung der militärischen Nutzung wurde das Vieh aus der Heide gedrängt, und Ende des 20. Jahrhunderts gab es nur noch einen Schäfer, der kleine Teile des Truppenübungsplatzes beweidete. Als Folge dieser Entwicklung verschwanden die meisten Heideflächen durch Verbuschung und Wiederbewaldung.

Im Jahre 1993 startete der Rhein-Sieg-Kreis den Versuch, mit einer gemischten Schaf- und Ziegenherde den Verlust weiterer Heide- und Moorflächen aufzuhalten. Seit 1997 finanziert der Flughafen Köln/Bonn als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen die Biotoppflege in der Wahner Heide (zur Zeit auf gut 400 ha Heide und Magerrasen), und neben oben genannter Herde sind inzwischen eine Ziegenherde und eine Rinderherde im Einsatz.

Beweidet werden trockene Calluna-Heiden, feuchte Erica-Heiden, Borstgrasrasen, Sandmagerrasen und Magerwiesen. Der Einfluss der Beweidung auf die Vegetation wird von einem Gutachter jährlich kontrolliert. Auch der Bestand gefährdeter Vogelarten wird jährlich erfasst.

Vor Beginn der Beweidung wurden alle Flächen, falls notwendig, von größeren Gehölzen (von Bedeutung sind hier Rubus fruticosus, Betula pendula, B. pubescens, Quercus robur, Q. petraea, Prunus serotina, Populus tremula, Salix div. spec., Pinus sylvestris) befreit, zum Teil musste der intensive Stockausschlag noch einer Nachpflege unterzogen werden.

Heute stellt der Stockausschlag von Gehölzen und auch der Aufwuchs von Sämlingen auf den meisten Flächen - insbesondere dank des Ziegenverbisses - kein Problem mehr dar. Eichen-, Weiden- und Birken-Jungwuchs werden vollständig verbissen, Brombeeren wurden stark zurückgedrängt, die Kiefer wird in einem bestimmten Alter geschält und stirbt dann ab. Problematisch sind stellenweise noch Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) und Zitterpappel (Populus tremula), insbesondere dort, wo sie in Massenbeständen auftreten.

Tabelle 1
Verbiss verschiedener Gehölze durch Ziegen
( Bite of different trees with goats)

Starker Verbiss Mittlerer Verbiss Geringer Verbiss
Roter Hartriegel
Haselstrauch
Besenginster
Buche
Faulbaum
Gemeine Esche
Gemeiner Wacholder
Zitter-Pappel
Vogelkirsche
Eiche
Rose
Brombeere
Himbeere
Weide
Eberesche
Gemeiner Schneeball
Apfel
Hainbuche
Weißdorn
Hänge-Birke
Moor-Birke
Gemeine Liguster
Gemeine Fichte
Gemeine Kiefer
Schwarzdorn
Pflaume
Birne
Kastanie
Robinie
Aspe
Süßkirsche
Gemeine Berberitze
Heidekraut
Traubenkirsche
Eibe
Sauerkirsche
Quelle: NITSCHE und NITSCHE (1994), RAHMANN (2004)


Auf großen Flächen hat sich die Heidevegetation hervorragend regeneriert und entwickelt. Nicht nur das Heidekraut (Calluna vulgaris) und die Glockenheide (Erica tetralix) haben sich stark ausgebreitet. Auch die typischen Begleiter der Feucht- und Trockenheiden und Magerrasen profitieren von der Beweidung. Zu nennen sind hier Englischer Ginster (Genista anglica), Färber-Ginster (Genista tinctoria), Wald-Läusekraut (Pedicularis sylvatica), Quendelblättriges Kreuzblümchen (Polygala serpyllifolia), Pillen-Segge (Carex pilulifera), Borstgras (Nardus stricta), Heide-Nelke (Dianthus deltoides), Thymian (Thymus pulegioides), Haar-Schafschwingel (Festuca tenuifolia), Kleines Filzkraut (Filago minima), Vogelfuß (Ornithopus perpusillus), Sand-Straußgras (Agrostis coarctata), Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis) und andere.

Erfreulicherweise nehmen auch viele Arten der atlantischen Heidemoore als Folge der Beweidung im Bestand zu. Sie profitieren unter Anderem von der Schaffung von Rohbodenstandorten durch Viehtritt. Dies begünstigt Arten wie Sonnentau (Drosera intermedia, D. rotundifolia), Moor-Bärlapp (Lycopodium inundatum), Weißes und Braunes Schnabelried (Rhynchospora alba, R. fusca).

Negativ oder stagnierend sind dagegen die Bestände mancher seltener Arten wie Arnika (Arnica montana), Färber-Scharte (Serratula tinctoria), Astlose Graslilie (Anthericum liliago) und Wiesen-Silge (Selinum carvifolia). Der Rückgang dieser Arten ist sicher zum Teil auf die intensive Beweidung zurückzuführen (S. carvifolia, A. liliago), aber auch auf geänderte klimatische Verhältnisse. Anders ist die kritische Situation der beweidungsabhängigen Arnika (A. montana) nicht zu erklären.


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