© Bernd Franzen 2001-06 |
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Ausführlicher möchten die Autoren der vorliegenden Arbeit an dieser Stelle auf die Nahrungswahl der im Gebiet frei gehüteten Ziegenherde eingehen, da hierzu detaillierte Untersuchungen aus dem Jahr 2001 vorliegen. Zunächst ist festzustellen, dass eine Pflanzenart, die einen Hauptbestandteil der Ernährung der Ziegen ausmacht, nicht unbedingt auch eine der am meisten präferierten Arten sein muss. Vielmehr handelt es sich oft um eine Pflanze, die in großen Mengen vorhanden ist (Beispiel: Prunus serotina), während eine andere, beispielsweise der Faulbaum (Frangula alnus), viel lieber gefressen wird, aber nur selten vorkommt, folglich in der Ernährung der Ziegen auch kaum eine Rolle spielt. Von den reichlich vorhandenen Nahrungspflanzen im Gebiet bevorzugen die Ziegen ganz eindeutig Brombeere, Eiche, Weide, Goldrute und Pfeifengras (in dieser Reihenfolge). Dass sich diese Präferenzen nicht genau so in der Rangfolge der Nahrung widerspiegeln, liegt entweder an der eingeschränkten jahreszeitlichen Verfügbarkeit (z.B. Pfeifengras) oder eben doch an Unterschieden in den vorhandenen Mengen (z.B. Eiche weniger als Traubenkirsche oder Birke). Die Pflanzenarten, die die Hauptnahrung der Ziegen darstellen (insgesamt wurde das Fressen von 111 Arten notiert), werden im folgenden in drei Prioritätsstufen eingeteilt, um die Bedeutung einzelner Pflanzenarten für die Ernährung der Ziegen noch deutlicher herauszustellen. In allen Rubriken sind die Pflanzenarten in der Reihenfolge ihrer Aufnahme durch die Ziegen geordnet: Zum Ende nimmt die Bedeutung als Futterpflanze immer mehr ab.
Insbesondere, wenn Ziegen gemeinsam mit Rindern auf einer Fläche weiden, bleibt nicht viel übrig. Hier sei daher noch auf einige sogenannte Weideunkräuter eingegangen. Zu stark dornenbewehrte Pflanzen leisten auch Ziegen Widerstand. Schlehe (Prunus spinosa) und Weißdorn (Crataegus spec.) werden zwar stark befressen, überleben jedoch meist auf den Weideflächen. Ilex aquifolia wird selten angerührt. Während Ackerkratzdistel und Sumpf-Kratzdistel (Cirsium arvense, C. palustre) ohne Umschweife gefressen werden, werden bei der Gemeinen Kratzdistel (C. vulgare) meist nur die Blütenköpfe vorsichtig abgezupft. Vollständig gemieden wird dagegen die Golddistel (Carlina vulgaris), eine gefährdete Art der Sand- und Kalkmagerrasen. Erfreulich ist auch, dass Englischer Ginster (Genista anglica) wenig gefressen wird. Pflanzen mit starken ätherischen Ölen werden ebenfalls gemieden: Minze (Mentha div. spec.), Thymian (Thymus pulegioides), Wilder Majoran (Origanum vulgare) und das Große Flohkraut (Pulicaria dysenterica). Weitgehend nicht gefressen werden Arten mit blauen Blüten: Gundermann (Glechoma hederacea), Kriechender Günsel (Ajuga reptans), Veilchen-Arten (z.B. Viola canina, V. reichenbachiana, V. riviniana), verschiedene Ehrenpreis-Arten (z.B. Veronica chamaedrys, V. officinalis), Gemeine Braunelle (Prunella vulgaris). Nicht verschmäht werden dagegen Glockenblumen (v.a. Campanula rapunculus). Neben den Veränderungen in der Vegetation der beweideten Flächen ist auch die Bestandsentwicklung einiger gefährdeter Vogelarten von Interesse, deren Bestände seit 1989 auf der Gesamtfläche der Wahner Heide alljährlich erhoben werden. Es sind vor allem Neuntöter (Lanius collurio) und Heidelerche (Lullula arborea), die sehr positiv auf die neue Form der Landschaftspflege reagiert haben. In der Tabelle 2 werden die Bestände dieser beiden Arten zu Beginn des Monitoring (1989), bei Einsetzen der Beweidung mit einer Herde (1993), zur Zeit der Installation zweier weiterer Herden (1997) und im letzten Jahr der Bestandserfassung (2003) dargestellt.
Tabelle 2
Bestand an gefährdeter Vogelarten - Neuntöter und Heidelerche zu Beginn des Monitoring - 1989 und ab Einsetzen der Beweidung, 1993 bis 2003 (Population of protected birds species - red-backed-shrike, Lanius collurio, and wood lark, Lullula arborea, from monitoring beginning in 1989 and from landscape grazing pasture, 1993 to 2003)
Beide Arten zeigen deutlich ansteigende Revierzahlen. Während für die Heidelerche vor allem strukturelle Verbesserungen in den Heideflächen - Zunahme kurz gefressener Magerrasen- und Heidekrautflächen, durchsetzt mit einzelnen höheren Gehölzen - interessant sind, kommt beim Neuntöter eine Verbesserung der Nahrungssituation hinzu. Durch den Kot der Weidetiere steigt der Anteil großer Insekten (insbesondere Käfer) in den Bruthabitaten. Auch konnten zuletzt eine Zunahme der Bestände und Arealausweitung der Felgrille (Gryllus campestris) festgestellt werden, die möglicherweise ebenfalls mit Biotopoptimierungen durch die Beweidung - Zunahme kurzrasiger Flächen auf Sandböden - zu erklären sind. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Schaf-, Ziegen- und Rinderbeweidung in der Wahner Heide bei fast allen gefährdeten Pflanzenarten der Heide- und Magerrasenformationen zu Bestandszunahmen geführt hat. Nur sehr wenige Arten - und diese waren vorher bereits sehr selten - stagnieren oder zeigen negative Bestandsentwicklungen (s.o.). Gleiches lässt sich von der Brutvogelfauna berichten. Da das intensive Monitoring sowohl der Vegetation als auch der Brutvögel fortgesetzt wird, kann in Zukunft mit noch aussagekräftigeren Ergebnissen gerechnet werden.
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